Raketenpionier Rudolf Nebel
1909 Nebel hört, dass die Geburtsstätte der Fliegerei in Deutschland in Berlin Johannisthal ( hier) ist und will sofort hin. Er findet noch zwei Klassenkameraden die auch mitfahren. In den Sommerferien 1909 machen sich die drei mit Ihren Fahrrädern auf den Weg.
Nach fünf Tagen kamen sie am Flugplatz an und die Enttäuschung war groß, da wegen zu stürmischem Wetters nicht geflogen wurde.
Am nächsten Tag waren die drei schon ganz früh wieder am Flugplatz und hatten Glück, bereits um 5 Uhr morgens noch im Frühnebel wurden die ersten Flugmaschinen aus den Hangars gezogen und "mit offenem Mund" konnten sie die ersten Platzrunden in etwa 10 Meter Höhe miterleben.
Sie bleiben noch sechs Tage und dann gehts wieder mit dem Fahrrad zurück nach Nürnberg. Dort angekommen glaubt niemand die Erzählungen von den "Menschen die wie Vögel in den Himmel steigen".
Rudolf ändert seinen Berufswunsch, ab da wollte er nur noch "Aviatiker" werden. Der Vater war pädagogisch geschickt und verbot es ihm nicht direkt sondern verlangte, dass Rudolf "zuerst studierte".
Ganz besonders scheint Nebel von dem "Grade-Eindecker" beeindruckt gewesen zu sein, denn er erzählt seinem Professor Hess davon, die Konstruktion entsprach Nebels Vorstellung "... mit einem Minimum an Aufwand, ein Maximum an Leistung zu erreichen". (a.a.O. S. 25).
1909 Auch Rudolf will in die Luft gehen, daher gründete er in Nürnberg die Fluggemeinschaft Nebel, der neben vier Mitschülern auch ein Mechaniker und ein Schlosser angehörte. Ziel war es zu fliegen. Nebel hatte von Oberst Cody und seinen Versuchen mit Drachen (1888) gehört und machte auch erste Versuche mit Drachen. Erste Versuche mit einem Kastendrachen brachten nicht die gewünschten Ergebnisse in Bezug auf "Absturzsicherheit", also wurde mit einem kreisförmigen "Gleitdrachen" experimentiert. Da bei den ersten Experimenten das ganze (Taschen)Geld verbraucht wurde, suchten die jungen Luftfahrtpionieren nach einer Geldquelle um weitere Drachen bauen zu können.
1910 "Wie wäre es, wenn ich in unseren Drachen einen Fotoapparat einbaue und den Verschluß automatisch auslösen würde, wenn der Drachen die richtige Höhe hätte? Wir könnten dann Drachenfotos machen, Luftbilder von Nürnberg aufnehmen und verkaufen" (a.a.O. S. 26).
Nach ersten Enttäuschungen wegen des zu hohen Gewichtes der Kamera zerlegte Nebel das schwere Kameragehäuse und ersetzte es durch eines aus Pappe, nun gab es die ersten Ergebnisse. Als Auslöser wurde eine brennende Zigarette verwendet, die den Haltefaden durchschmorte, wenn der Drachen die Höhe von 10 m erreicht hatte.
Die Konstruktion wurde weiter verbessert und die Bilder wurden auch immer besser. Da die Nachfrage stieg und mehr Geld eingenommen wurde, wurde als nächstes ein riesiger Kastendrachen gebaut, der rund 10 kg heben konnte und auch Luftaufnahmen aus größeren Höhen ermöglichte.
Glück im Unglück hatten die Luftbildpiloten bei einem Absturz des riesigen Kastendrachens mitten auf dem Hauptmarkt von Nürnberg. Das Stahlseil des Drachen hatte sich in der Oberleitung der Straßenbahn verfangen und einen Kurzschluss verursacht. Am nächsten Tag war die Schlagzeile in der Tageszeitung >>Spione fotografieren Nürnberg aus der Luft<<. |  |
Nach anfänglichen Schwierigkeiten mit der Polizei führte die plötzliche Bekanntheit zu eine Reihe Aufträgen für Luftbilder, die so viel Geld in die Kasse brachten, dass sie in der Lage waren, "... die Drachenspielerei abzubrechen und endlich ein richtiges Flugzeug zu bauen." (a.a.O. S. 27)
1911 Die Gruppe entschied sich für einen Monoplan des Systems Grade. Vermutlich hatten die Schüler bei Ihrem Besuch in Berlin Johannisthal (s.o.) Hans Grade ( hier) getroffen. Rudolf Nebel, inzwischen 17 Jahre alt, nahm Kontakt mit Grade in Berlin auf und erwarb den Bauplan für den Eindecker, der der Libelle des Brasilianers Santos-Dumant nachgebildet war. Zusätzlich kam Nebel noch günstig an einen 16 PS-Motor und anderes Zubehör. Ein solcher baugleicher Grade-"Eindecker" aus dem Jahre 1909 ist heute noch im Deutschem Museum in München zu sehen (hier).
1912 Nun ging es noch um den Platz an dem das Flugzeug zusammengebaut und erprobt werden sollte. Die Eltern und die Schule durften ja nichts davon erfahren. Flieger galten damals als "Selbstmörder". Damals lag das 14. Infanterie-Regiment in Nürnberg und zogen jeden Morgen auf den Exerzierplatz >>Hainberg<< (im Osten von Nürnberg). Auf diesem flachen sandigen Grund hatte schon 1632 Wallenstein sein Lager gehalten.
Besonders günstig für die Fluggemeinschaft Nebel war, dass es dort eine leere Scheue gab, die sich hervorragend als Montagehalle eignete. Die ganzen Osterferien waren sie am Exerzierplatz und auch sonst jede freie Minute. Nach Wochen der Schufterei war es so weit, der erste Versuch mit heulendem Motor wurde gestartet. Die >>Libelle<< war aber zu schwer und rollte nur umher.
Die findigen Bastler gaben nicht auf, sondern griffen zu zwei Massnahmen:
1. sie feilten alles ab - auch den Motor - um Gewicht zu sparen,
2. sie bauten eine Sprungschanze.
Dies gab dem Flieger endlich mehr Schwung, erst schafften sie 50 Meter, dann 100 Meter Weite nach einigem Trainig gings sogar 500 m weit.
Am 17. Juli 1912 (fünf Tage nach seinem Abitur) gelang dann der erste Flug aus eigener Kraft.
Da der Vater im besten Glauben eine Militärausbildung in Metz als Überraschung für Rudolf zum Abitur vorbereitet hatte, musste Rudolf seinem Vater alles "beichten", da er zuerst nicht wußte wie, überredete er den Vater, mit Ihm zum Exerzierplatz zu radeln. Der Vater war zuerst natürlich sehr überrascht, als sein Sohn eine Platzrunde drehte, war dann aber um so begeisterter. Nun blieb nur die Frage: Wie sagen wir es der Mutter?
Zuhause angekommen, war die Mutter sehr verärgert und der Haussegen hing eine Woche schief.
Der Vater meldete die fliegerischen Aktivitäten offiziell an, dazu ging er zuerst zur Polizei und dann informierte er die >>Königliche Bayerische Inspektion des Militär-, Luft- und Kraftfahr Wesens<< in München.
Am 15. August 1912 (nach nur vier Wochen) macht Rudolf Nebel seinen Flugschein mit der Nummer 178.
Die Prüfung bestand aus einem Flug von Nürnberg ins 220 km entfernte Frankfurt und wieder zurück.
Als vorsichtiger Pilot flog Rudolf Nebel in nur 10 m Höhe immer an der Bahnlinie (Nürnberg - Würzburg - Frankfurt) entlang. Die erste Notlandung gab es bei Neustadt weil die Bezinleitung gebrochen war. Die zweite Notlandung war hinter Würzburg, wegen verschmutzter Zündkerzen fällig. Am Abend erreichte er doch noch Frankfurt, wo er im Stadtteil Erbenheim auf dem Flugplatz des Flugpioniers August Euler landete.
Am nächsten Tag startete Nebel schon um 4:00 Uhr morgens zum Rückflug und war gegen 14:00 Uhr wieder in Nürnberg, wo er seinen Pilotenschein Nr. 178 erhielt.
|